Titelthema

Gemeinsames Ziel Nachhaltigkeit

Ganz im Zeichen des Umwelt- und Klimaschutzes stand ein gemeinschaftsübergreifendes Wochenende, das die Landesrotkreuzleitung und die Jugendrotkreuz-Landesleitung des DRK-Landesverbandes Westfalen-Lippe im Sommer 2019 veranstaltet haben.

Der Klimawandel hat Auswirkungen auf sämtliche Weltregionen. Klimaforscher sagen eine weitere Zunahme von Extremwetterlagen voraus. "Das Rote Kreuz hilft weltweit Opfern von Naturkatastrophen wie zum Beispiel Orkanen und Überflutungen, die oft eine Folge der Erderwärmung sind", so Tanja Knopp, Landesrotkreuzleiterin des DRK-Landesverbandes Westfalen-Lippe. "Wir haben uns vor diesem Hintergrund gefragt, was können wir im Roten Kreuz tun, um bewusstes Handeln im Sinne des Klimaschutzes zu fördern?" Aus diesen Überlegungen ist die Idee zu einem NachhaltigkeitsworkBARcamp entstanden, um die Thematik gesamtverbandlich weiter voranzubringen. Dabei sollten die drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – praktisch erfahrbar gemacht werden.

An dem Wochenende vom 23. bis zum 25. August 2019 kamen rund 30 Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler aus den Rotkreuzgemeinschaften und dem Jugendrotkreuz Westfalen-Lippe im Logistikzentrum Westfalen im münsterländischen Nottuln zusammen. Gemeinsam mit der Vizepräsidentin des Landesverbandes Nilgün Özel, Mitgliedern der Landesrotkreuzleitung und Jugendrotkreuz-Landesleitung entwickelten sie umsetzbare Ideen für ein nachhaltigeres Leben.

Zunächst hinterfragten die Teilnehmenden ihren eigenen Konsum, verfolgten die teilweise immensen Warenwege von der Gewinnung der Rohstoffe bis hin zum Verkauf des fertigen Produkts am Beispiel einer Jeans und errechneten ihren eigenen ökologischen Fußabdruck. Danach ging es im Sinne des voneinander und miteinander Lernens in die ersten Workshops: Hand in Hand wurden verschiedene Sorten Marmelade hergestellt, frisches Brot gebacken und Cidre gekeltert. Dabei konnten nicht nur die eigenen Fähigkeiten ausgebaut werden, sondern alle waren sich schnell einig, dass man nicht alles kaufen muss, weil "Selbermachen" nicht nur nachhaltig sein kann, sondern auch richtig viel Freude macht.

Am zweiten Tag ermöglichte die Imkerin Dorothee Eilmann den Teilnehmenden einen Einblick in die Bienenwelt und das Imkern. Die nächste Station war die "Regio-Nette", ein Natur- und Reformwarenladen im historischen Ortskern von Nottuln. Birgit Schlütter, Mitarbeiterin des Ladens und Expertin in Sachen nachhaltiger Konsum, führte durch den Laden, gab Anregungen zum plastikfreien Leben und präsentierte den "Unverpackt-Bereich": Hier können die Kundinnen und Kunden von Lebensmitteln wie Nudeln über Hygieneartikel bis hin zu Putzmitteln die Waren in mitgebrachten Gefäßen selbst abfüllen und vermeiden so Verpackungsmüll.

Anschließend wurden im Logistikzentrum weitere Workshops angeboten, zwischen denen die Teilnehmenden wechseln konnten. Das Angebot zum Ausprobieren war vielfältig: Papier schöpfen, Insektenhotels gestalten, Samenbomben fertigen, Upcycling-Ideen ausprobieren, Obstnetze knüpfen, natürliche Reinigungsmittel und Kosmetik produzieren, mit natürlicher Farbe batiken und Wurst selbst herstellen, die beim abendlichen Barbecue zusammen mit vielen weiteren selbst produzierten Leckereien gemeinschaftlich verspeist wurde.

Basierend auf den gemachten Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnissen stand der Sonntagvormittag unter dem Motto "denkBAR – umsetzBAR – mach- BAR" ganz im Zeichen des Ausblicks: Wie können wir das Thema Nachhaltigkeit aktiv und wirksam in unseren Verband bringen, damit es angemessen von der Basis bis zur Spitze im Rotkreuzalltag gelebt wird, zum Beispiel indem Veranstaltungen nachhaltig gestaltet werden? Dabei wurde unter anderem über folgende Fragen diskutiert: Welche Alternativen gibt es zu Einmal-Plastikbechern? Können wir die Ausdrucke für Lehrgänge verringern beziehungsweise auf Ökopapier umstellen? Wie können wir noch mehr Fahrgemeinschaften realisieren?

Bilanz des ersten Nachhaltigkeitswork- BARcamps: Es wurde ein Bewusstsein für die Ressourceneinsparung und für den Umweltschutz aufgebaut, um die Materialien und Nahrungsmittel wertzuschätzen, indem unter anderem potentieller Abfall zu etwas Neuem verarbeitet und Lebensmittel selbst hergestellt wurden, ohne Fertigprodukte zu verwenden. Das gemeinsame Kochen und die gemeinsamen Aktivitäten in den Workshops haben die Gemeinschaft, das soziale Miteinander und die Hilfsbereitschaft gefördert. Die Teilnehmenden haben erlebt, dass man selbst Dinge herstellen und sich ohne viel Vorwissen in das Verarbeiten von Materialien einarbeiten kann. Die Kompetenz, sich selbst eine Fähigkeit anzueignen und sich dies auch zuzutrauen, ist nachfolgend auch auf andere Bereiche im Rahmen der Selbsthilfefähigkeit anwendbar.

Ein Beitrag von:
Tanja Knopp / Helena Tenambergen / Claudia Zebandt
DRK-Landesverband Westfalen-Lippe

Fragen an und Antworten von Landesrotkreuzleiterin Tanja Knopp und Markus Höltken von der Jugendrotkreuz-Landesleitung zum ersten NachhaltigkeitsworkBARcamp im Landesverband Westfalen-Lippe

Welche Beweggründe führten zu dem NachhaltigkeitsworkBARcamp?
Tanja Knopp:
Das Thema Nachhaltigkeit ist für uns alle im Roten Kreuz – für das Jugendrotkreuz, die Rotkreuzgemeinschaften und das Hauptamt – wie für unsere Gesellschaft insgesamt relevant. Deswegen müssen wir das Thema auch gemeinsam angehen und Nachhaltigkeit als gemeinsames Ziel anstreben.
Markus Höltken: Wir müssen es nicht nur intern im Roten Kreuz, sondern auch in der Öffentlichkeit schaffen, die Sensibilität für die Thematik erheblich zu steigern.

Zu welchen Ergebnissen und Erkenntnissen hat das NachhaltigkeitsworkBARcamp geführt?
Tanja Knopp:
Das Thema Nachhaltigkeit wird nicht nur von uns als wichtiges Thema gesehen, sondern wurde auch von den Teilnehmenden als sehr bedeutsam erachtet. Allerdings haben die Diskussionen während des Workcamps gezeigt, dass im Verband noch ein hoher Handlungsbedarf besteht. Die positive Botschaft ist, dass es Handlungsmöglichkeiten gibt, die leicht umsetzbar sind.
Markus Höltken: Es ist wichtig zu vermitteln, wie mit einfachen Handlungen Ziele erreicht werden können. Dabei sind wir aber auf unsere eigenen Handlungsfelder angewiesen und teilweise auch eingeschränkt. So kann ich als „einfacher“ Mensch zwar das Fahrrad anstelle des Autos nutzen, aber ich habe keinen Einfluss auf den CO2-Ausstoß der Industrie.

Wie soll es mit den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Roten Kreuz Westfalen-Lippe weitergehen?
Tanja Knopp:
Da das Nachhaltigkeits- workBARcamp in diesem Jahr so gut angekommen ist, wird es im Jahr 2020 eine Fortsetzung geben. Außerdem wollen wir eine Handlungshilfe erstellen, mit der die Kreisverbände und Ortsvereine ähnliche Veranstaltungen vor Ort durchführen können. Wir werden Tipps und Lösungen für den Verband erstellen, wie man im Sinne der Nachhaltigkeit handeln kann, zum Beispiel durch den Gebrauch von Mehrweggeschirr statt Einwegtellern und -bechern bei Veranstaltungen, papierlosen Tagungen und Sitzungen oder dem Bilden von noch mehr Fahrgemeinschaften. Außerdem möchten wir gerne die Compliance des Landesverbandes Westfalen-Lippe um das Thema der Nachhaltigkeit ergänzen, sodass zu dem sozialen und wirtschaftlichen Verhaltenskodex auch die nachhaltige Komponente mitgedacht wird.
Markus Höltken: Die bundesweite Jugendrotkreuz-Kampagne „Änder‘ was, bevor’s das Klima tut“ von 2012 bis 2014 hat viel bewegt und viele bereichernde und aktivierende Materialien auf den Weg gebracht. Im Juni 2019 haben sich die Delegierten unserer JRK-Landeskonferenz dafür ausgesprochen, sich auf die Kampagne zurückzubesinnen. Bei der JRK-Bundeskonferenz wurde dann entsprechend entschieden, die Klimahelferkampagne wiederaufzunehmen.


Klimaschutz fängt in Hetlingen in der Kita an

Was kann es für kleine Krippen- und Elementarkinder Schöneres geben, als in der Nestschaukel zu sitzen und den Schafen auf dem Deich beim Grasen zuzusehen, oder am Elbstrand im Sand zu buddeln? Ein idyllisches Bild, welches vielen Kindern in den Städten verwehrt bleibt. Eine Realität der Kinder aus der DRK-Kindertageseinrichtung in Hetlingen nahe der Elbe, kurz vor den Toren Hamburgs.

Jüngst wurde diese Kita vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Deutschen UNESCO-Kommission für ihr herausragendes Engagement im Bereich der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) ausgezeichnet. Sie wurde neben einer weiteren Kita unter 100 Initiativen ausgewählt, als erste DRK-Kita in Deutschland. Wie sieht nun das ganzheitliche Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung in der DRK-Kindertageseinrichtung Hetlingen aus? Die umgebende Natur stellt sich für die Hetlinger Kinder paradiesisch dar: Es gibt ein Naturschutzgebiet mit Wasser, Strand und Deich, Wald und Wiesen, Apfelbäume, Bienenwand, Insektenhotels, Hochbeete auf dem Kita-Gelände und Besuche im Bienenmuseum, beim Imker, auf dem Bauernhof, beim Wassererlebnispfad oder im Elbmarschenhaus. Alle diese Möglichkeiten legten es nahe, die Naturpädagogik in der Konzeption der Kindertageseinrichtung zu verankern.

Auch gewachsene Strukturen und Gewohnheiten sind fester Bestandteil des Konzeptes geworden: der wöchentliche Müslitag, das Tauschfrühstück, die Obst- und Gemüsekiste, Biomilch und -tee oder das Mittagessen aus regionalen und saisonalen Bio-Zutaten. Wöchentlich ist die Schuligruppe zum Müll sammeln an der Elbe, zweimal jährlich geht es für die Krippen- und Elementarkinder zur Wald- und Elbwoche. Tagtäglich Natur und Umwelt zu erleben, belebt die Neugierde der Kinder und zeigt ihnen schon seit vielen Jahren, was es zu erhalten gilt. Und es zeigt auch, dass man mit diesem Bildungsansatz die nachhaltige Entwicklung ebenso wie die Nachhaltigkeit fördern, unterstützen und voranbringen kann.

Bereits 2010 wurde BNE im Leitbild und Schwerpunkt der Kita verankert. In allen Bereichen der Einrichtung werden seither dem Umwelt- und Ressourcenschutz, der Integration/Inklusion, der Partizipation, dem gesunden Frühstück und Mittagessen und der nachhaltigen Beschaffung und Bewirtschaftung oberste Priorität eingeräumt und Leitlinien dazu erarbeitetet. Unterstützung und Starthilfe für diesen Prozess kam von der S.O.F. Umweltstiftung, die im Projekt „Kita21 – die Klimaretter“ pädagogische Fachkräfte weiterbildet und Einrichtungen berät. Es entstanden jährlich wechselnde, mit den Kindern ausgesuchte und von der S.O.F. ausgezeichnete Projekt-Themen, z. B. „Kleine Wasserforscher – ganz groß“ oder „Was kreucht und fleucht denn da“.

Seit 2019 agiert die Kindertagesstätte als „Leuchtturm-Kita“ im bundesweiten Klima-Kita-Netzwerk. Ziel ist es, Bildung, Kompetenzen und die Fähigkeit zu vermitteln, die sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen des eigenen Handelns zu erkennen und dieses zukünftig nachhaltig auszurichten. Erstaunlich ist, was Jahre später von Lehrkräften der kooperierenden Grundschulen und Eltern reflektiert wird. Strom- und wassersparendes Verhalten haben sich im Alltag der Kinder zur Gewohnheit entwickelt. Der Nutzen von Photovoltaikanlagen ist ihnen klar. Mülltrennung und -vermeidung ist für sie völlig normal. Das Anlegen von Insektenhotels ist kein Problem. Das Bewusstsein der Kinder in Bereichen des Umwelt- und Ressourcenschutzes und der Nachhaltigkeit ist zur Selbstverständlichkeit geworden. Die frühkindliche, spielerische Bildung zeigt Wirkung und bestätigt die Konzeption ebenso wie die qualitativ hochwertige Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wichtiger Bestandteil und Herausforderung zugleich ist der Austausch mit Elternvertreterinnen und -vertretern, der Kommune, dem DRK-Kreisverband Pinneberg e. V. und weiteren Institutionen. Eine Konzeption zur Bildung für eine nachhaltige Entwicklung kann nur dann erfolgreich sein, wenn alle Entscheidungsträger das gleiche Ziel verfolgen, mitmachen und schlussendlich auch Kosten und Verantwortung dafür tragen. Die BNE-Auszeichnung ist Anerkennung dieses Engagements und ein Qualitätsmerkmal der Einrichtung. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind stolz, ein Teil dieser Struktur zu sein und entwickeln immer wieder neue Projekte und Themen, um die Einrichtung in diesem Bereich weiter voranzubringen.

"Bildung für eine nachhaltige Entwicklung ist ein Prozess, der niemals endet."

Birte Koch-Behrend, Leitung DRK-Kita Hetlingen

Ein Beitrag von:
Birte Koch-Behrend
Leitung DRK-Kita Hetlingen
E-Mail: kita38@drk-kreis-pinneberg.de


Ist der Klimawandel noch zu stoppen?

Obwohl es wissenschaftlich gesichert und gut belegt ist, dass der Mensch Hauptverursacher des Klimawandels ist, wird nicht konsequent gegen den Klimawandel vorgegangen. Wir wollten von Matthias Horx wissen, ob eine Klimakatastrophe noch abwendbar ist. Herr Horx gilt als einflussreichster Trend- und Zukunftsforscher im deutschsprachigen Raum und ist Gründer des Zukunftsinstituts.

Seit Jahren warnen Klimaforscher vor den Folgen des Klimawandels. Man hat jedoch den Eindruck, dass erst mit Greta Thunberg die Bereitschaft wächst, ernsthaft gegen den Klimawandel anzugehen. Wieso?
Greta Thunberg ist eine Ikone, die auf eine besondere Weise zu uns spricht, unser inneres Wesen anrührt. Sie hat eine große Unschuld, und eine große Kraft, und sie ist exakt zum richtigen Zeitpunkt auf die Bühne getreten. Zudem wird der Klimawandel jetzt zum ersten Mal richtig spürbar, mit heißen Sommern und zu warmen Wintern. "Zeitboten" wie Greta treten immer dann auf die Bühne, wenn ein bestimmter Wandel reif ist, und wenn die Zeichen für den kommenden Wandel überdeutlich werden. Man denke an Gandhi, der den Kolonialismus beendete, oder an John F. Kennedy, der eine Ikone einer modernen, hoffnungsvollen Weltgesellschaft war.

Als Maßnahme gegen den Klimawandel wird u. a. die Einführung von autofreien Städten oder die Verteuerung von Flugreisen genannt. Ist also die Antwort auf den Klimawandel Verzicht und Einschränkung?
Um die Klimawende zu schaffen, brauchen wir ein radikal anderes Denken über Ökologie. Eine "Ökologie der Fülle", der erweiterten Möglichkeiten, statt die ewige Droh- und Angst-Ökologie. Wir brauchen einen dynamischen Wirtschaftssektor, in dem es um attraktive Produkte und ästhetische Angebote der Dekarbonisierung geht. Elektro­autos können sehr chic sein, Öko­mode muss nicht hären sein, und wenn Vegetarisches richtig lecker ist, dann entstehen neue Alternativen. Technologie, intelligente Systeme und Design können die Dekarbonisierung sexy machen. Ich nenne das auch die "Blaue Ökologie". Im Gegensatz zur grünen Schuld- und Verzichtsökologie setzt blaue Ökologie auf lustvolle Zukunft. Ich rüste zum Beispiel gerade mein Haus zu einem kleinen Solarkraftwerk auf, dass auch nach ästhetischen Maßstäben gestaltet ist und mehr Energie erzeugt als es verbraucht. Die Sonne bringt uns hunderttausend Mal mehr Energie auf die Erde, als wir jemals verbrauchen können. Ich nutze "Cradle-to-Cradle"-Produkte, die gut aussehen. Zum Beispiel lease ich Bio-Jeans. Erst wenn eine solche Ökologie der Fülle greifbar wird, in der Architektur, in der Mobilität, im täglichen Konsum, werden wir uns endgültig vom Öl verabschieden. Der "Cradle-to-Cradle"-Papst Michael Braungart nennt das auch die "Intelligente Verschwendung".

"Um die Klimawende zu schaffen, brauchen wir ein radikal anderes Denken über Ökologie."

Matthias Horx, Trend- und Zukunftsforscher

Wie ist Ihre Prognose für die Zukunft? Kommt es zu einer globalen Klima­katastrophe?
Ein Klimawandel muss keine gigantische "Klimakatastrophe" sein, wie sie der Regisseur Roland Emmerich in seinen Doomsday-Filmen wie "The Day After Tomorrow" schildert. Es kommt sehr darauf an, ob wir 1,5, 2 oder 5 Grad Erwärmung bekommen. Fluten und Starkregen, auch temporäre Dürren, können wir als Menschen durchaus moderieren, das haben unsere Vorfahren unter viel schwierigeren Bedingungen tun müssen, und heute kann internationale Solidarität eine Menge bewirken. Unser Planet ändert sich schon seit Abermillionen Jahren ständig, inklusive teilweise recht ruppiger Klimawandel-Prozesse, und das hat das Leben nicht ausgerottet, im Gegenteil, durch Adaptionen entstanden neue Arten und Kulturen. Der Klimawandel fordert die menschliche Solidarität heraus, er hebt sozusagen die Menschheit auf eine neue Stufe der Kooperation – das ist vielleicht sogar der eigentliche Sinn dieses Geschehens. Auch wenn viele das Gegenteil behaupten: Wir sind gar nicht so schlecht darin, füreinander einzustehen und uns etwas einfallen zu lassen, wenn es darauf ankommt. Immerhin haben wir als Menschheit ja schon das Ozonloch verhindert, die Wale geschützt und die Aids-„Katastrophe“ eingedämmt. In der Vorstellung des Klima-Wandels als Super-Katastrophe, als Armageddon, liegt nicht nur viel überzogene Angst, sondern auch eine Menge menschenfeindlicher Zynismus nach der Devise: "Der Mensch ist ein dummes Tier, er wird sich ausrotten!" Dem sollten wir deutlich widersprechen: Durch eine Sprache, ein Denken der Zuversicht und der Lösungs-Orientierung.

Vielen Dank für das Interview.

Bilder: © lavizzara - stock.adobe.com, Jugendrotkreuz Westfalen-Lippe, DRK-Kita Hetlingen, Klaus Vyhnalek (www.vyhnalek.com)